Flamenco-Wiesbaden-Gaby-1
Flamenco-Wiesbaden-Gaby-2
Flamenco-Wiesbaden-Gaby-3
Flamenco-Wiesbaden-Gaby-4
Flamenco-Wiesbaden-Gaby-5
Flamenco-Wiesbaden-Gaby-6
PlayPause
previous arrow
next arrow

Gaby Herzog


Flamenco, Kastagnetten, Tanzschulleitung

Ich bin in Chile geboren und in Peru aufgewachsen. Als Kind habe ich weder getanzt noch musiziert oder mich sonst irgendwie künstlerisch betätigt. Als ich mit 14 Jahren einen berufsorientierenden Eignungstest in der Schule machte und sich herausstellte, dass ich am besten künstlerisch tätig und mit Menschen arbeiten sollte, konnte ich mir das überhaupt nicht vorstellen, denn ich war damals schrecklich schüchtern. Am liebsten verkroch ich mich mit einem Buch in meinem Zimmer. Um diese Zeit herum sagten mir aber auch Schulfreunde beim gemeinsamen Lernen, dass ich eine gute Lehrerin abgeben würde.

Mit 17 Jahren kam ich dann auf die Idee, Querflöte spielen zu lernen. Ich hatte großen Spaß daran und einen fantastischen Lehrer, Hans Lewitus, der mich sehr prägte und mir zeigte, wie viel Spaß das Lernen bei einem engagierten und passionierten Lehrer machen kann. So kam es, dass ich meine Heimatstadt Lima verließ und nach Köln ging, um Querflöte zu studieren. Nach kurzer Zeit stellte ich fest, dass dieses Studium doch nicht das Richtige für mich war.

Nach dem abgebrochenen Flötenstudium kam ich nach Wiesbaden und fand Arbeit als Übersetzerin in einer Firma für verfahrenstechnischen Anlagenbau, die am Bau einer Schwefelsäureanlage in Chile beteiligt war, ganz in der Nähe meines Geburtsortes in der Atacama-Wüste.

Alleine in Wiesbaden, suchte ich einen Bewegungskurs und wurde durch Zufall  auf Flamencounterricht aufmerksam. Zur ersten Stunde sollte ich mit hohen Absätzen kommen. Nichts leichter als das für eine Latina. Ich hatte sowieso keine anderen Schuhe.

1982 hatte ich – damals noch in Lima – den Film „Carmen“ von Carlos Saura gesehen, und der Tanz hatte mich total fasziniert. Schon in meiner Zeit in Köln wollte ich deshalb Flamenco tanzen lernen. Aber spanische Freunde sagten mir, nur Spanier könnten das. Und ich glaubte es.

Die Firma, bei der ich in Wiesbaden arbeitete, erlaubte mir, nach Feierabend und an den Wochenenden im Keller zu üben. Ich besorgte mir eine Pressspanplatte und übte täglich fleißig mit meinem Walkman auf den Ohren und ließ die Spinnen nicht aus den Augen, damit sie mir nicht zu nahe kamen. Auf einer Weihnachtsfeier der Firma hatte ich meinen ersten Auftritt mit zitternden Knien.

Bald fing ich an zu unterrichten , zuerst nur Erwachsene und später auch Kinder. Ich fing langsam an, buntere Kleidung zu tragen und öffentlich zu tanzen, und im Unterricht verschwand meine Schüchternheit. Heute habe ich schon fast vergessen, welche Bauchschmerzen ich in den ersten Jahren hatte, wenn ich vor einer neuen Gruppe stand. Vor allem Kindern gegenüber war ich anfangs sehr unsicher. Heute kann ich darüber lachen, aber damals habe ich sehr gelitten.

1993 eröffnete ich meine erste Flamencoschule in Taunusstein-Wehen . Der Tanzsaal war sehr groß und wunderschön, mit einem Schwingboden aus Stäbchenparkett und war sehr „flamenco“ in rot/schwarz dekoriert. Aber leider musste ich nach knapp zwei Jahren ausziehen, weil man mir verbot, dort Flamenco zu unterrichten. Dem benachbarten Restaurant waren wir zu laut. So landete ich 1995 zuerst im Kellerraum in der Blücherstraße in Wiesbadens Westend und übernahm im Jahr 2000 das ganze Tanzstudio.

Anfang der 90er Jahre sah ich bei den Wiesbadener Maifestspielen das Ballett Nacional de España. Das Ensemble tanzt eine Mischung aus Escuela Bolera (spanischem Ballett ohne Spitze), klassisch spanischem Tanz, Flamenco und spanischen Volkstänzen, sehr vieles davon mit Kastagnetten. Es hat mich so umgehauen , dass ich kaum applaudieren konnte. Danach fing ich an, alleine Kastagnetten zu üben, bis ich Consol Grau kennenlernte . Sie war die Assistentin von Emma Maleras, deren Lebenswerk eine sehr umfangreiche und enorm strukturierte Kastagnetten-Lehrmethode ist.

Als Consol im Jahr 2000 zum ersten Mal nach Wiesbaden kam , eröffnete sich für mich eine ganz neue Welt. Ich hörte auf, Kastagnetten zu unterrichten, und gab keine Konzerte mehr. Nach 14 Jahren harter Arbeit, unterbrochen durch einen Tennisarm und Schulterprobleme, habe ich 2016  endlich den Abschluss zur Kastagnetten-Konzertmeisterin gemacht. Es war ein harter Weg, ich war immer wieder mit Details der Methode nicht einverstanden, aber später habe ich doch verstanden, warum Emma Maleras die Methode so konzipiert hat.

Es macht mich schon sehr glücklich, selbst gut Kastagnetten zu spielen. Aber noch glücklicher macht es mich, dass meine Schüler so viel schöner spielen als früher. Ich bin froh, mich für diese Methode entschieden zu haben, von der mir in Deutschland immer wieder abgeraten wurde. Natürlich gibt es immer wieder Menschen, die schnell lernen möchten und denen egal ist, wie sie lernen. Aber es gibt auch genügend Menschen, die bereit sind, mit Geduld zu lernen und ihre Kastagnetten so zum Singen zu bringen.

Wenn man mich fragt, was ich machen würde, wenn ich im Lotto gewinne, dann würde ich einfach weiterarbeiten. Eine schönere Arbeit als zu unterrichten kann ich mir nicht vorstellen. Es ist sehr zufriedenstellend zu sehen, wie Menschen sich tänzerisch und musikalisch entwickeln und über sich hinauswachsen. Immer wieder bin ich stolz und überrascht, was Menschen, die „nebenbei“ tanzen, aus sich herausholen können. Meistens haben wir auch viel Spaß im Unterricht, speziell mit den Kindern, so dass mir meine Arbeit gar nicht wie Arbeit vorkommt. Einige Schüler sind schon gut 20 Jahre bei JALEO und es haben sich gute Freundschaften entwickelt.

Ich bin in der Tanzschule von einem tollen Team von Dozentinnen umringt, die sehr kreativ sind und sich gegenseitig unterstützen, aber auch von vielen hilfsbereiten, liebenswürdigen großen und kleinen Schülern, die mein Leben bereichern und mich glücklich machen.